Dienstag, 1. Februar 2011

Was macht eigentlich Dr. Dirk Neumann vom Tierpark Kalletal?

Cornelia Kurth

Sein Leben lang hatte er mit Wölfen zu tun, Dr. Dirk Neumann (61), der ehemalige Leiter des Tierparks Kalletal. Seine europaweit einzigartige Wolfsschule war in ganz Deutschland berühmt und viele Besucher aus dem Schaumburger und dem Lipper Land erlebten hautnah mit, wie er im Jahr 1995 eine Gruppe kanadischer Wolfsbabys mit der Flasche aufzog, wie sie ihre ersten Gehversuche vor seinem Büro im Kalletaler Tierpark machten, dann in einem großen Wildgehege herumtollten und schließlich zur "Schule" gingen, quirlige Kerle, die lernten, wie man zur Freude des Publikums Kunststücke vorführt, und die dabei langsam erwachsen wurden.

Inzwischen existiert der kleine Tierpark nicht mehr. Dort, wo neben den Wölfen auch Tiger, Bären, die lustige Truppe der Paviane, australische Dingos und die beiden Schimpansen Fritz und Friederike lebten, erstreckt sich nun eine Ruinenlandschaft aus verlassen Käfigen und verwildertem Gelände. Es war ein echtes Drama, das Ende des Tierparks, der im Sommer 2009 verkauft worden war an einen Besitzer, dem dann aber die Erlaubnis zur Haltung von Wildtieren abgesprochen wurde.
Dirk Neumann war schon nicht mehr persönlich dabei, als seine ehemaligen Schützlinge in unterschiedliche Auffangstationen vermittelt wurden, nachdem zuvor die Gefahr bestanden hatte, dass sie alle eingeschläfert werden müssten. Kein Zoo interessiert sich ja für alte Tiere, die keinen Zuchtstammbaum aufzuweisen haben. Nur durch den Einsatz verschiedener Tierschutzorganisatoren und vor allem des Veterinäramtes gelang es dann doch, allen Bewohnern des Tierparks ein neues Zuhause zu verschaffen.
Ob noch einer der Wölfe aus seiner Wolfsschule lebt, der Tierarzt weiß es nicht. Die Wolfsgeschwister waren ja mit ihrem Alter von inzwischen 14 Jahren bereits richtige "Opas", als er sie am Nikolaustag 2008 zum allerletzten Mal in die "Schule" rief, dem umzäunten Gehege inmitten ihres riesigen Auslaufs. Noch einmal sprang Blacky, der Leitwolf, auf Neumanns Schultern, balancierte Wum über einen Holzbalken, gab Mammut, der "Küsschenwolf", ihm einen Kuss auf den Mund. Dann wurde die Wolfsschule geschlossen.

Nur noch drei der gelehrigen Tiere lebten, als die Geschäfte des Tierparks im Frühjahr 2010 abgewickelt wurden. Mit viel Glück gelang es, sie in eine walisische Auffangstation zu verbringen, wo sie nun ihr Gnadenbrot erhalten. Auch ihre ehemaligen Mitbewohner aus dem Kalletaler Tierpark leben nur noch zum Teil in Deutschland, die Dingos zum Beispiel in Sachsenhagen, die Bären Ida und Katja im Bärenwald Müritz.
Die Tiger kamen in eine niederländische Auffangstation, ebenso wie die alten Schimpansen Fritz und Friederike. Diese beiden Menschenaffen, starke Persönlichkeiten, die in den letzten Jahren eine enge Bindung zu ihrem ehrenamtlichen Tierpfleger Jan Hoberg aufgebaut hatten, sie litten sehr unter dem Stress des Umzuges aus der vertrauten Umgebung. Ein Dokumentarfilm von spiegel.tv zeigt eindrucksvoll, wie genau sie wahrnahmen, dass sich alles um sie herum verändert. Fritz und Friederike waren die letzten Tiere, die den Tierpark Kalletal verließen.

Und der Wolfslehrer, wie geht es ihm? "O - ich genieße meinen Ruhestand durchaus", meint er. "Es war schon so lange abzusehen, dass die Besitzer des Tierparks ihn nicht mehr halten konnten und mir die Pacht kündigen würden. Ich bin froh, dass es nun ein Ende gefunden hat."
Er wandere oft stundenlang mit seinem Hund durch die Natur, besuche ab und zu die Zoos in der Umgebung und vor allem arbeite er an seinen Vorträgen über Wölfe und die Wolfsschule. Auf der Internetseite "www.wolfsschule.de" kann man solche Vorträge buchen. Und dabei springen sogar Wölfe herum, Blacky, Wum, Shy, Mammut und die anderen. Glücklicherweise gibt es einen Film, der ihr Wolfsschulleben dokumentiert. Ganz und gar zu Ende ist es mit der Wolfsschule also nicht.

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